Reifezeit beim Vulcano-Franz

In Auersbach in der Südoststeiermark entsteht einer der feinsten luftgetrockneten Rohschinken der Welt.

Franz Habel erinnert sich noch gut. Mitte der 1990er Jahre stand der EU-Beitritt Österreichs an. Alle schwärmten von den neuen Chancen. Doch für den Landwirt aus Auersbach in der Südoststeiermark ging es plötzlich ums Überleben: Der Eintritt in den Binnenmarkt ließ die Schweinepreise in den Sinkflug übergehen. Für kleine bis mittelgroße Betriebe wie seinen war das existenzgefährdend. Gemeinsam mit drei ortsansässigen Bauern trat er die Flucht nach vorn an: Sie wollten wachsen, eine lukrative Nische besetzen – und zwar mit einem Produkt aus dem Fleisch ihrer Tiere, das in ihrer Heimat keine Tradition hatte.


Dazu muss man wissen: Vor der Erfindung der Kühltruhe mussten Lebensmittel haltbar gemacht werden. Bei Fleisch bedeutete das: Nördlich der Alpen wird eher geräuchert, in mediterranen Gefilden setzt man auf Lufttrocknen. Weil es damals in der Steiermark kaum luftgetrocknete Produkte gab, reiste das Quartett ins Friaul, wo der San-Daniele-Schinken zuhause ist, und weiter in die Emilia-Romagna, wo Parmaschinken produziert wird. Eine weitere Reise führte die Bauern in den Südwesten Spaniens und nach Portugal, wo der berühmte Jamón Ibérico aus den Eicheln fressenden Pata-Negra-Schweinen erzeugt wird. Die vier Steirer schauten sich in der Fremde genau an, wie das funktioniert mit der Lufttrocknung.

Wieder zurück aus der Welt der berühmten Schinken begannen sie zu tüfteln, kauften Reifeanlagen in Italien. Stets mit dabei: Fleischermeister Sepp Lafer, Mitarbeiter der ersten Stunde und heute noch immer an Bord. Sie experimentierten mit der Schweinerasse, mit den Gewürzen, der Salzart und -konzentration, mit der Reifezeit. „Irgendwann hatten wir unseren unverwechselbaren Vulcano-Geschmack gefunden“, erzählt Franz Habel. Vulcano? Ja, diesen Namen gab sich die Manufaktur, nachdem die aus 33 Gemeinden bestehende Region im Südosten Österreichs beschlossen hatte, sich als Steirisches Vulkanland gemeinsam zu vermarkten und touristisch zu positionieren. Der Begriff leitet sich von den Vulkan-Resten ab, die in der Region heute noch als Hügel sichtbar sind.

Trotz aller Anstrengungen lief es anfangs nicht besonders gut. Der luftgetrocknete Vulcano-Schinken überzeugte zwar bei Verkostungen. Aber der wirtschaftliche Erfolg ließ in der ersten Dekade auf sich warten. Den Spruch „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ gibt’s auch in der Alpenrepublik. Ja, eine steirische Osterjause ist ohne „Gsöchts“ nicht denkbar. Aber bitteschön ordentlich geräuchert, nicht etwa so ein neumodischer Kram. Im Jahr 2009 machten Habels Partner klar, dass sie aussteigen wollen, weil beide Betriebe keine Nachfolger hatten. In dieser Situation waren sie nicht bereit, bei der nächsten Finanzierungsrunde in professionellere Reifeanlagen und den Vertrieb zu investieren.


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