Groß und Klein im Himmel
Serfaus, Fiss und Ladis
Eine Fahrt durch das Tiroler Oberland gleicht einer Reise durch einen Canyon. Der Inn bahnt sich seit Jahrhunderten seinen Weg hindurch und gibt uns die Reiseroute vor. Stoisch folgt man seinem Lauf durch die Alpenländer. Möchte man zum Ursprung, dann bis ins Engadin. Seine Mündung erkundet man in Niederbayern. Dazwischen? Das weitläufige Tal, das allein in Tirol 200 Kilometer vereinnahmt. Links und rechts gesäumt von markanten Gipfeln und bekannten Gebirgsgruppen.
Im Oberinntal lohnt es sich, seinen Namensgeber zurückzulassen, auszubrechen und sich die sonnigen Flanken der umliegenden Bergwelt hinaufzuschlängeln – in Richtung Himmel. Denn dort oben erreicht man ungeahnte Freuden. Wir erreichen drei geschichtsträchtige Bergdörfer, die Groß und Klein begeistern: Serfaus, Fiss und Ladis.

Auf 500 Meter über dem Inn angekommen beginnt eine sorglose Zeit, die sich facettenreich zeigt. Wohlfühlen soll man sich und wird man sich. Stark aktiv bis schön entspannt lauten die To-dos, die man auf dem sonnigen Hochplateau gerne erledigt. Erholung ist das Ziel, das man allein, zu zweit, doch vor allem mit der ganzen Familie in der Ferienregion anstrebt. Feinschmecker müssen sich darüber hinaus angesprochen fühlen. Und diejenigen, die Wert auf Tradition legen, weil sie in einer der 600 familiengeführten Unterkünfte zu Gast sein können. Ein Sommerurlaub, eine Auszeit – auf Top-Niveau.
Seit 2005 bilden die drei Tiroler Gemeinden ein Team und legen ihre Leidenschaft für ihre Heimat unter anderem in den Genuss. Dieser fällt bei Weitem leicht, denn alle Vorlieben werden bedient. Sport und Action, schwitzen, powern und Speed aufnehmen. Gleichzeitig verweilen, entspannen und den Gedanken nachhängen – Wellness und Natur. Köstliche Schmankerl bestellen und heimische Gerichte kredenzen lassen. Kulinarik für die Seele. Die Kultur erleben und farbenfrohe Events besuchen. Und dann ist da noch die Geschichte, mit der alles begann. Fiss war die erste Gemeinde an der römischen Passstraße, die viele Jahrhunderte zuvor nicht wie erwartet durch das Inntal verlief, sondern über das Hochplateau. Die ältesten noch erhaltenen Steinhäuser im Ortskern von Fiss stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert und prägen das Bild von einst eng verbauten, verwinkelten Gassen vor Westtiroler Bauernhöfen.
s’Paules und s’Seppls Haus und viel Tradition
Stellvertretend für diese lange Geschichte und den Zusammenhalt auf dem Plateau steht das bauchige Haus, in dem heute das Museum Fiss Unterschlupf findet. Früher und zuletzt in den Jahren 1963 und 1983 waren dies die Familien Pale und Pregenzer. Heute steht es im Dorfzentrum unter dem Namen „s’Paules und s’Seppls Haus“ und symbolisiert die überlebenswichtige Gemeinschaft einer fernen Zeit. Das einfache, spärliche Leben in einem Bergdorf, das stets eng verbunden mit den Anstrengungen war, die es dort zu meistern galt. Zusammenrücken musste man und sich ein Haus teilen. Realteilung lautet das Stichwort, das materiell geteilte Mittelflurhaus die Manifestation dessen. Jedes Kind der Großfamilien hatte ein Anrecht auf Land und Hof zu gleichen Teilen. Aus Kindern wurden Männer, aus Männern wurden Gatten und Väter. Aus ihnen entstanden Familien. Großeltern, Eltern, Onkel, Tanten, bis zu 25 Personen mussten Obhut finden. Die entsprechenden Häuser mussten gebaut werden. Doppeltes und dreifaches Interieur, um die ordentlich geteilten Höfe für die Generationen vorzuhalten. Zwei Küchen, zwei Stuben, zwei Ställe. Markierungen und Grenzen, die das Hab und Gut kenntlich machten. Ein Zusammenspiel von vielen, ohne das es nicht möglich wäre. Zuletzt lebten besagte Familien Pale und Pregenzer im Fisser Vermächtnis. Inzwischen besucht man das Haus als liebevoll und aufwändig konserviertes Museum und bäckt mit den Einheimischen und Liebhabern der Geschichte Brot im original erhaltenen Holzbackofen. Dazu liest man auf den Holzbänken davor von den Gefühlen der Bewohner von einst. „Aber so hat man in dem Haus alles mitbekommen. Von der Geburt bis zum Sterben.“
Im Museum Fiss befindet sich außerdem die Ausstellung zu einer der bedeutendsten Traditionen im Bergdorf. Alle vier Jahre, am letzten Sonntag im Januar tobt einer der urtümlichsten Fasnachtsbräuche im Alpenraum, das Fisser Blochziehen. Ein langer Zirbenbaum, der Bloch, wird von allerhand Fasnachtsfiguren mit großem körperlichem Aufwand durch die Gassen gezogen. Hexen versuchen, den Zug am Weiterkommen zu hindern. Auf den Hausdächern ringsum vollbringt der (gut trainierte) Bajatzel als Narr seine akrobatischen Kunststücke. Bis alle Maskerade, dazu die im Dorf geschnitzten Holzmasken mit dem Betläuten am Abend abgenommen werden müssen. Wo sonst gut 1.000 Einheimische ihren Alltag leben, feiern an diesem Tag 10.000 Menschen den Beginn des Frühlings.
(...)
Lust weiterzulesen?
Mehr Inhalt aus diesem und weiteren spannenden Artikeln gibt es im ePaper oder im ALPSTYLE-Abo!
Nichts mehr verpassen mit Alpstyle-Abo!
Aktuelle Stories lesen


