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König der Knödel

Paul Grüner aus dem Südtiroler Schnalstal ist nicht nur Hotelier und Caterer für Film-Crews, sondern vor allem und mit großer  Passion Chef des Schutzhauses „Schöne Aussicht“. 2.845 Meter über dem Meer zeigt er mit einem feinen Gespür für die richtige Mischung aus Komfort und alpiner Einfachheit, wie Berghütte 3.0 geht.

Zu sagen, es sei Schnee gefallen, wäre untertrieben. Frau Holle hat es dieses Mal fast zu gut gemeint und rund eineinhalb Meter der weißen Pracht abgeladen. Die Talabfahrt vom Schnalstaler Gletscher ist wegen hoher Lawinengefahr gesperrt. Die Seilbahn, die höchste in ganz Südtirol, hat zwischenzeitlich den Betrieb eingestellt. Für das Team der „Schönen Aussicht“, am Rande des Skigebiets gelegen und im Winter bequem nur mit Ski zu erreichen, bedeutet das: Ausnahmezustand Überstunden, Improvisieren. Dennoch läuft alles ruhig und routiniert ab. Hüttenwirt Paul Grüner weist die Gäste mit der ganzen Autorität seiner rund zwei Meter Gardemaß an, sich bloß nicht allzu weit von der Hütte zu entfernen. Wer oben ist, bleibt oben. Wer unten ist und hoch wollte, bleibt unten und wird im Hotel der Familie Grüner in Karthaus einquartiert, bis sich die Lage entspannt. Das Wichtigste: Die Nabelschnur zur Hütte, die Materialseilbahn, ist intakt und sorgt dafür, dass in dem Adlerhorst weder der rubinrote Lagrein noch der Teig für die von Paul so geliebten Knödel ausgehen. Außerdem sind das Saunafass vor der Hütte und der ebenfalls im Freien stehende Holzzuber mit dem heißen Blubberwasser bereits angeheizt. Statt Skifahren steht erst einmal Schwitzen beim Hütte-Ausgraben und dann Schwitzen im Fass oder Bottich auf dem Programm. Es könnte wahrlich schlimmer kommen.

Am nächsten Tag ist das Wetter besser, die Lifte laufen wieder, aber ausgedehnte Skitouren im freien Gelände lässt die Lawinenlage noch nicht zu. So bleibt Zeit, die Herberge näher zu inspizieren. Sie liegt am Hochjoch, einem der Hauptübergänge vom Nordtiroler Ötztal (Österreich) ins Südtiroler Schnalstal (Italien). Anfang Juni werden hier Schafe nach Norden getrieben, Mitte September auf gleichem Weg zurück. Paul steht dann bereit, um die Hirten mit heißer Suppe zu versorgen. Diese Transhumanz genannte Form der Wanderweidewirtschaft ist in vielen Regionen der Alpen bereits ausgestorben. Hier wird sie am Leben erhalten – auch deshalb, weil das Spektakel Besucher anlockt. Noch berühmter ist natürlich das nahe Hauslabjoch, wo 1991 die Gletschermumie Ötzi gefunden wurde.


Das unweit der Grenze auf italienischem Gebiet stehende Schutzhaus gibt es bereits seit mehr als 125 Jahren. Anders als die meisten Hütten der Region gehörte es nie dem Alpenverein, sondern war immer in privater Hand. Als Paul 1999 das Rifugio kaufte, unterschied es sich jedoch kaum von seinen Nachbarn: einfache Lager für Bergsteiger, einfache Hüttenkost. Paul war das zu wenig. Er spürte, dass er so nahe am Skigebiet eine andere Klientel anlocken kann. Er hat die Welt bereist, führt unten in Karthaus mit seiner Frau Stefania das Vier-Sterne-Hotel Goldene Rose, das zum Verbund „Small Luxury Hotels of the World“ gehört. Also ließ er das Rifugio Bella Vista 2006 renovieren. Seither gibt es WLAN und heiße Duschen, einen Anbau mit neuer Stube und neuen Zimmern, die sogar einen Balkon haben; dazu die Sauna, das Jacuzzi und drei Schnee-Iglus, in denen man übernachten kann. Die Motorschlitten parken in einem voll verspiegelten Schuppen. Noch neu ist das wenige hundert Meter entfernte frühere Zollhaus der Österreicher. „Ein exklusives Hideaway für zwei – für Paare, die sich noch etwas zu sagen haben“, meint Paul mit einem Augenzwinkern.


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