Jeden Herbst erstrahlt Südtirol in all seinen Höhenlagen in einem besonders magischen Licht. Nicht nur deswegen aber lohnt sich der Besuch in der Nebensaison: Die klare Luft gibt besonders weite Panoramen frei, die Weinreben glühen goldgelb und an jeder Ecke werden frischer Apfelsaft und Wein ausgeschenkt. Eine Reportage über einen Südtirolbesuch in der liebsten Jahreszeit vieler Einheimischer.
Die Grillen zirpen so laut, als wollten sie den Sommer noch nicht gehen lassen. In der kühlen Morgenluft, deren Strahlen zwischen den Weinreben brechen, liegt jedoch der Duft des nahenden Herbstes.
„Merkst du, wie sich die Ruhe wieder breitmacht?“, sagt Stephan Pramstrahler, Hotelier und Gastgeber aus Völs am Schlern.
Und ja, ich weiß im selben Moment ganz genau, was er meint: Dass es sich anfühlt, als würde der Trubel der heißen Sommermonate mit jeder Nacht etwas leiser werden. Die Sonne strahlt gedämpfter und ihre Schatten ziehen sich lang durch die Täler. Die Natur startet später in den Tag und obwohl der Herbst der krönende Abschluss eines arbeitsreichen Sommer ist, steht er gleichermaßen für gute Gesellschaft. Herbst in Südtirol bedeutet Beisammensein, Genießen, kühle Luft und lange Abende. Und das liegt auch heute noch an alten Traditionen, die die Südtiroler wie selbstverständlich seit Jahrhunderten bewahren.
Sein Morgenspaziergang führt Stephan Pramstrahler durch seine eigenen Weinreben. Und obwohl die Ernte in diesem Herbst besonders intensiv ausfällt und länger dauert als gewöhnlich, hängen noch immer pralle Trauben an den Stöcken. Auch heute noch werden die Trauben per Hand gepflückt, um sicherzustellen, dass nur die besten Früchte den Weg in die Kellereien finden. Das zahlt sich aus: Südtirol ist bekannt für seine erstklassigen Weine. Dank des mediterranen Klimas gedeihen hier zahlreiche Sorten, insbesondere Vernatsch und Lagrein sowie der heimische Gewürztraminer.
Stephan Pramstrahler zieht mit Bedacht durch die Reben, zupft hier einen knorrigen Ast ab, ein paar überreife Trauben, kommentiert an anderer Stelle den Reifeprozess. Er hat sich auf vier seiner Lieblingssorten spezialisiert, deren Rebstöcke sich vor der imposanten Felskulisse des Schlern an den grünen Hang schmiegen. In Sauvignon, Gewürztraminer, Weissburgunder und Blauburgunder steckt er all seine Winzerleidenschaft.
Gemeinsam mit seiner Gattin Kathi führt Stephan Pramstrahler das Romantik Hotel Turm in dritter Generation. Der älteste Teil des aus vier Türmen bestehenden Hotels mitten im historischen Zen-trum von Völs stammt aus dem 13. Jahrhundert. Zum Hotel gehört eben dieses Weingut, durch dessen Reben Stephan Pramstrahler in dieser Jahreszeit täglich schlendert: der Grottnerhof. Hier hat Stephan Pramstrahler viele Stunden seiner Kindheit verbracht, auch die Abende seiner Jugend. Der denkmalgeschützte Grottnerhof war über viele Jahre dem Verfall preisgegeben, bis sich Stephan Pramstrahler 2007 eine Gelegenheit bot, die er sich nicht entgehen lassen konnte: Er kaufte den Grottnerhof, um ihm neues Leben einzuhauchen. Oder nein, vielmehr: um sein altes Leben neu zu entfachen.
Unter strenger Aufsicht hat er den Grottnerhof anschließend sachte renovieren lassen: Wer heute durch die schweren Holztüren tritt, kommt mit seiner 800 Jahr alten Geschichte in Berührung. Nicht erneuern, sondern erhalten – das war die Devise aller Renovierungsarbeiten.
(...)
Lust weiterzulesen?
Mehr Inhalt aus diesem und weiteren spannenden Artikeln gibt es im ePaper oder im ALPSTYLE-Abo!