Hunderte Kilometer Piste, doppelt so viele Kilometer Loipe, viermal mit den Skiern schaukeln, sonnige Hochebenen und die höchsten Berge des Landes. Winter in der Region Schladming-Dachstein und das große Glück, etwas Zeit zu haben. Um sich umarmen zu lassen, von einer schnee-umwobenen Welt, die bereit ist für all unsere Wünsche. Diese sind neben ein klein wenig sportlichem Ehrgeiz, vor allem das Herz und den Gaumen zu erfreuen.
Unsere Anreise aus dem Allgäu in die Region Schladming-Dachstein neigt sich dem Ende. Wir kommen für das Ski-Opening. Doch es darf besonders ein Winter-Opening werden. Kräftig Neuschnee und somit genügend Material für unvergessliche Wintertage heißen uns willkommen. Aber sowohl Berg als auch Tal zieren sich noch etwas, verstecken sich hinter einem dichten Mantel aus Nebel. Wir lassen uns nicht entmutigen und schicken einen stillen Wunsch nach Kaiserwetter hinauf in Richtung Gipfel.
Diese erste kühle, graue Begegnung weicht augenblicklich einem warmen Empfangen durch die Gastgeber der Region. Herzlichkeit, leuchtende Augen und Begeisterung strömen uns ununterbrochen entgegen. So geht es also, das Ankommen in der Steiermark! Wir beschließen, es möglichst schnell an diese Wärme und Geborgenheit heranzuschaffen. Dafür nehmen wir uns ein klein wenig Zeit, um unsere Vorstellungen für die kommenden Tage auszugestalten, unsere Möglichkeiten auszuloten und all dem, was auf uns wartet, offen zu begegnen.
Offenheit und Vorfreude sind es, die wir in uns tragen, als wir auf Florian vom Angererhof warten. Er nimmt uns mit hinauf, ein Stück weit ins Unteral, um dann scharf rechts ins Obertal abzubiegen – mit dem Schlitten, voraus Ferdinand und „Madame“. Dick eingepackt, mit Fellen und Decken dürfen wir uns nun durch die tief verschneite Winternacht ziehen lassen. Vorbei an alten und doch traditionell renovierten Höfen geht es immer weiter hinein ins Tal. Nach unserer langen Anreise ist es genau das, wonach Kopf als auch Herz verlangen. Nach etwas Stille, nach einem Blick hinaus in die Dunkelheit, nach kalten Nasenspitzen und nach gleichmäßigem Klang von den Hufglocken der Pferde. Für den Fall, dass nicht ausreichend Ruhe in uns einkehrt, strahlt Florian, unser Kutscher und Juniorchef am Angererhof genug für alle aus. Ob das wohl die Umgebung macht?
Während unserer acht Kilometer langen Tour unterbricht er unser Sinnieren ab und an und erzählt uns von damals und heute. Früher hatte die Windbachstube, eine urige Wirtschaft, weit hinten im Tal noch geöffnet. Viele Stammgäste buchten während der Wintersaison eine „Einkehr-Tour“. Mit ihm, seiner Kutsche und den Pferden ging es zur Gastwirtschaft, wo sie alle drei bis vier Stunden beieinander saßen, sich bei einer Jause und dem einen oder anderen Glasl der Geselligkeit widmeten. Manchmal so lange, bis sie nahezu eingeschneit waren und die Rückfahrt in einer Schneewehe endete. „Da half nur freischaufeln.“ Das Zusammenwachsen mit den Gästen war damals ein völlig anderes. „Man saß in der Gaststube zusammen am Tisch und konnte sich kennenlernen.“ Heute fährt er die Runde ohne Einkehr. Nachdem auch wir die Windbachstube passieren, kehrt das Glockenleuten zurück in unsere Sinne. Ebenso das Plätschern des Obertalbachs. Der Weg nun kaum breiter als der Schlitten, Schnee und Tannen streifen an uns vorbei. Ruhiger wird es wieder, jetzt im hintersten Winkel. Bis die Unterhaltungen ganz verstummen. Nun ist sie ganz präsent – die Aura einer Winternacht.
Präsent ist auch der Sinn von Romantik. Wie wir enger zusammenrücken, uns durch die weißen Wälder ziehen lassen und es genießen einmal nichts tun zu müssen. Am Arbeiten sind Ferdinand und Madame. Madame geht nur rechts. „Links macht sie keinen Schritt“, weiß Florian. Sie wurde von Anfang an so an das Gespann gewöhnt und fühlt sich halt nur auf der rechten Seite wohl. So wohl, wie wir uns seit über einer Stunde fühlen. Einzig die Kälte ist es, die wir nun spüren. Immerhin gleiten wir im zweistelligen Minusbereich dahin, winterlicher könnte es nicht sein. Also zurück ins Untertal, noch einmal scharf links abbiegen und dort wartet sie schon auf uns, die ursprüngliche Landalm.
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